Liebe Bienen- und Honigfreund:innen,
da die heurige Honigernte in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich ist und wir einen Plan B brauchen werden, möchten wir euch hiermit auf dem Laufenden halten!
Liebe Grüße Michael und Richard
Mitte Juli haben wir unsere Honigernte 2024 begonnen! Sie ist für uns am Ende eines Bienenjahrs die schönste Draufgabe und süßeste Belohnung für die Arbeit mit den Bienen. Die Voraussetzungen dafür waren recht gute: Unsere Bienen sind heuer besonders stark ausgewintert, wodurch sie sich schnell entwickeln und größere Honigvorräte als in den Vorjahren anlegen konnten.
Schon vor Wochen fiel uns an einzelnen Standorten auf, dass die Bienen auch einen speziellen Waldhonig finden: Den so genannten „Melezitosehonig“. Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir allerdings noch nicht, wie groß die Herausforderung für uns noch werden wird.
NATURPHÄNOMEN: MELEZITOSE
Alle 10-15 Jahre kommt es in unserer Region zu einem Naturphänomen im Wald: Die große Schwarze Fichtenrindenlaus – entfernte Verwandte der Blattläuse im Garten – vermehrt sich massenhaft. Sie zapft den Fichtensaft an und erzeugt in großen Mengen Honigtau (pro Fichte bis zu 800 Kilo!), der für Ameisen, Bienen und Wespen ein Festmahl ist. Dabei ist ihr Honigtau – so genannte Melezitose – besonders begehrt, weil es sich um einen Dreifachzucker handelt.
Bienen können diesem Honigtau nicht widerstehen: Sie nehmen ungewöhnlich große Distanzen in Kauf und fliegen bis zu 10 Kilometern, um ihn zu sammeln. Im Vergleich: Normalerweise beträgt ihr Sammelradius in etwa 3 Kilometer. Haben Sammelbienen einmal Melezitose entdeckt, weichen sie nicht mehr davon ab.
Der große Haken: Melezitose kristalliert sofort in den Waben – und lässt sich nur unter großen Aufwand für die Bienen wieder verflüssigen. Konkret brauchen sie 20 Teile Wasser, um 1 Teil Honig zu lösen. Im Vergleich: Fruchtzucker braucht ca. 1,25 Teile Wasser für 1 Teil Honig.
An dieser Stelle wird schnell klar, warum große Mengen dieses Waldhonigs für Bienen im Winter zur Bedrohung werden: Es kostet zusätzliche Energie Wasser zu sammeln und wenn es zu kalt zum Sammeln ist, können sie nichts mehr essen und sterben den Hungertod. Gleichzeitig zeigen Untersuchungen, dass der Futtersaft der Bienen an Qualität verliert, wenn sie Dreifachzucker zu sich nehmen. Ihr Nachwuchs ist also weniger fit.
FOLGEN FÜR DIE IMKEREI: UNSER PLAN B
Für Imker:innen bedeutet das: Sie können den kristallisierten Honig nicht schleudern – und wir können ihn schon gar nicht wie gewohnt abtropfen lassen. Darum ist Melezitose umgangssprachlich auch als „fester Honig“ oder gar „Beton-Honig“ bekannt.
Die gute Nachricht an dieser Stelle: Es gibt auch wenige Standplätze, bei denen die Bienen (bisher) keinen Melezitose-Honigtau gefunden haben. Das heißt: Wir werden jedenfalls auch heuer Tropfhonig ernten können. Da es allerdings gerade am Hongar und entlang der Vöckla große Mengen Melezitose-Honig gibt, werden wir leider 2024 auf die beliebten Hongar- und Vöcklahonige verzichten müssen.
Stattdessen werden wir heuer den Melezitose-Honig als Waldhonig ernten. Das geht mithilfe eines speziellen Geräts, das wir uns vor Jahren für genau diesen Fall besorgt haben. Der Honig kann normalerweise durch seine intensiven Waldaromen überzeugen, wir sind schon gespannt!
Für den Moment hoffen wir, dass unsere Bienen bis zum Herbst noch den Melezitose-Honig verbrauchen werden bzw. die Zeit nutzen, wo sie genug Wasser zum Verflüssigen holen können. In unserem Fall sprechen wir hier noch von rund 10-15kg Honig pro Volk, die nach der Ernte im Bienenstock übriggeblieben sind. Und wir hoffen freilich, dass es im Herbst zu keiner zweiten Welle an Melezitose-Honig kommt. Unsere Daumen sind gedrückt!